Präeklampsie Risiko & Ernährung

Schwangerschaft

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Hi! Ich bin Adelina,

eine Ernährungswissenschafterin aus Wien und überzeugt, dass eine ausgewogene Ernährung lecker schmecken kann und kein Verzicht bedeutet. Erfahre hier mehr über meine Angebote. Oder vereinbare heute noch ein kostenloses Erstgespräch!

Was ist Präeklampsie?

Präeklampsie ist eine Erkrankung, die während der Schwangerschaft auftreten kann, meist nach der 20. Schwangerschaftswoche. Sie ist durch einen erhöhten Blutdruck und durch die Anwesenheit von Protein im Urin gekennzeichnet. Die genauen Ursachen einer Präeklampsie sind unbekannt.

Die gute Nachricht ist, dass Präeklampsie durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen frühzeitig erkannt werden kann. Die meisten Frauen mit Präeklampsie haben gesunde Babys und erholen sich vollständig, besonders wenn sie engmaschig medizinisch betreut werden. Auch kann man durch die Ernährung das Risiko von Präeklampsie reduzieren. (1)

Wichtige Nährstoffe zur Risikoreduktion 

Calcium ist weit mehr als nur ein Baustein für starke Knochen – es spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Prävention von Präeklampsie. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine tägliche Calciumzufuhr von 1.000 mg in der Schwangerschaft. (2) Eine Cochrane Analyse kommt zu dem Schluss, dass die Supplementierung mit hochdosiertem Calcium (>1.000mg/d) vielleicht das Risiko für Präeklampsie reduziert, speziell bei Frauen, die wenig Calcium über die Nahrung zuführen. Solltest du es für sehr schwierig empfinden, diesen Bedarf über die Ernährung zu decken, kann eine Supplementierung in ärztlicher Absprache sinnvoll sein [3]. Eine Autor*innengruppe kommt zu dem Schluss, dass Frauen mit einem höheren Risiko für Präeklampsie und/oder einer niedrigen Zufuhr von Calcium über die Ernährung 1-2g Calcium/Tag supplementieren sollten. (4)

Als Diätologin finde ich es allerdings immer sinnvoll zu versuchen, sich bestmöglich ohne Supplemente mit Nährstoffen zu versorgen, da Lebensmittel einem mit einer Vielzahl an Nährstoffen versorgen, statt mit einem isolierten Nährstoff. Calcium findet sich in vielen Lebensmitteln, insbesondere in Milch und Milchprodukten. Wenn du Milchersatzprodukte verwendest, solltest du unbedingt darauf achten, dass diese mit Calcium angereichert sind. Auch Haferflocken, Mandeln, calciumreiches Mineralwasser, Hülsenfrüchte, Brokkoli und Pak Choy enthalten beachtliche Mengen an Calcium. (5)

Vitamin D ist in der Schwangerschaft ohnehin ein wichtiger Nährstoff. Auch im Kontext der Präeklampsie ist dieser sehr interessant. Denn sowohl Beobachtungsstudien als auch randomisierte Kontrollstudien zeigen, dass einerseits ein Vitamin-D Mangel (6) als auch die Supplementierung mit Vitamin D wahrscheinlich das Risiko reduzieren (7). Wie du deinen Bedarf deckst findest du hier.

Ein Beobachtungsstudie aus Norwegen zeigte, dass eine niedrige Jodaufnahme mit eingeschränktem fetalem Wachstum und einer höheren Häufigkeit von Präeklampsie bei Frauen mit leichtem bis mittlerem Jodmangel verbunden war (8). Hingegen kommen Autor*innen einer Meta Analyse aus 5 Studien zu dem Schluss, dass zwar die Jod-Konzentration im Urin von Frauen mit Präeklampsie tendenziell niedriger ist, die verfügbaren Daten nicht ausreichen, um eindeutig auf einen Zusammenhang zwischen Jodmangel und dem Risiko einer Präeklampsie zu ziehen (9).  

Jod ist allerdings generell ein sehr wichtiger Nährstoff für dich und dein Baby und daher lohnt es sich ohnehin, auf eine gute Versorgung zu achten. Baue jodreiche Lebensmittel wie Meeresfische, Milchprodukte und Eier ein. Es ist außerdem wichtig, in einem Jodmangelgebiet wie Österreich auf jodiertes Speisesalz zurückzugreifen [10]. Zusätzlich empfehle ich eine Supplementierung von Jod in der Schwangerschaft und Stillzeit in ärztlicher Absprache. Mehr dazu hier. 

Vitamin B12 und Folsäure spielen eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Homocysteinspiegels im Blut, ein vermuteter Risikofaktor für Präeklampsie. Homocystein ist eine Aminosäure, die aus einer anderen Aminosäure (Methionin), die wir über unsere Nahrung aufnehmen, entsteht. Homocystein wird allerdings dann wieder in eine andere Aminosäure (Cystein) umgewandelt. Für diese Umwandlungen sind Vitamin B6, B12 und Folsäure essentiell. Bei einem Mangel dieser Nährstoffe kommt es daher zu einem erhöhten Homocysteinspiegel. Bei einem erhöhten Homocysteinspiegel werden wahrscheinlich die Endothelzellen (Innere Schicht der Blutgefäße) in der sich entwickelnden Plazenta geschädigt. (11)

Folsäure: Eine Metaanalyse aus 14 Studien (13 Beobachtungsstudien, 1 RCT) gibt Hinweise, dass die Supplementierung eines Multivitamin Präparats, das auch Folsäure enthält, das Risiko für Präeklampsie reduziert. Allerdings konnte dies nicht für die alleinige Supplementierung von Folsäure gezeigt werden, was darauf hindeutet, dass auch andere Nährstoffe relevant sind (12). Folat findest du vor allem in Gemüse, wie Grünkohl, Spinat, Vogerlsalat, Spargel, Erbsen, Endivien, Knollensellerie, gewisse Nüsse und Samen, wie Sonnenblumenkernen und Erdnüsse, Hülsenfrüchten sowie Vollkornprodukte.

Vitamin B12: Eine Metaanalyse aus 19 Studien zeigte, dass Frauen mit Präeklampsie einen signifikant niedrigeren Vitamin B-12 Wert aufweisen. Allerdings war die Heterogenität der Studien groß und daher wird weitere Forschung benötigt (11) Vitamin B12 findest du ausschließlich in tierischen Produkten, daher solltest du unbedingt bei einer pflanzenbasierten Ernährung in ärztlicher Absprache ein Supplement einnehmen und die Versorgung im Blutbild überprüfen. 

Selen: Eine Meta Analyse (geringe Evidenz) gibt Hinweise, dass ein niedriger Selen Status mit einem erhöhten Präeklampsie Risiko assoziiert ist. (13) Eine randomisierte Kontrollstudie mit schwangeren Frauen mit einem geringen Selen Status gibt Hinweise darauf, dass ein geringer Selen Status das Risiko für Präeklampsie erhöht. Außerdem ist vielleicht vor allem die Versorgung schon vor der Schwangerschaft relevant im Vergleich zur Versorgung nach der 12. SSW. (14,15)

In Österreich decken wir unseren Selen Bedarf vor allem über tierische Lebensmittel, wie Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Milch- und Milchprodukte und Eier. Daher solltest du besonders auf Selen achten, wenn du sehr pflanzenbasiert isst und/oder auf Fisch und Meeresfrüchte verzichtest. Im Internet werden in diesem Fall oft Paranüsse empfohlen, um den Bedarf zu decken. Diese werden allerdings in der Schwangerschaft auf Grund der Möglichkeit der Anreicherung mit Radioaktivität nicht empfohlen. In diesem Fall kann eine Supplementierung von Selen in ärztlicher Absprache sinnvoll sein.

Sollte ich weniger Salz essen, um Präeklampsie zu vermeiden?

In der Vergangenheit wurde häufig empfohlen, Salz zu meiden. Eine Cochrane Analyse aus 2005 mit 2 Studien und 603 Frauen kommt zu dem Schluss, dass es nicht genügend Evidenz gibt, um eine Salzreduktion in der Schwangerschaft zu empfehlen, um das Risiko für Präeklampsie zu reduzieren. (16) Ebenso zeigt eine aktuellerer Meta Analyse, dass sich eine Salzreduktion weder auf Bluthochdruck alleine noch auf Präeklampsie positiv auswirkt. (17) 

Das bedeutet aber nicht, dass du nun bei jeder Mahlzeit beliebig salzen und besonders viele verarbeitete Lebensmittel mit hohem Salzgehalt essen sollst. Die allgemeinen Empfehlungen für den Salzkonsum von 5g/Tag einzuhalten ist allemal positiv, allerdings ist eine Einschränkung darüber hinaus nicht notwendig. 

Richtiges Management von Schwangerschaftsdiabetes zur Vermeidung von Präeklampsie

Schwangerschaftsdiabetes ist ein unabhängiger Risikofaktor für Präeklampsie. Dabei stellt eine gute Blutzuckereinstellung ein wichtiger Faktor zur Vermeidung dar. (18,19)

Spezielle Ernährungsformen zur Risikoreduktion

Aber nicht nur einzelne Nährstoffe können das Risiko von Präeklampsie reduzieren; eine ausgewogene, entzündungshemmende Ernährung spielt vielleicht ebenfalls eine Rolle. Ein systematischer Review aus 8 Studien gibt Hinweise, dass Ernährungsmuster mit einem hohen inflammatorischen Potenzial der Ernährungsweise (The Dietary Inflammatory Index) mit einem erhöhten Auftreten von Präeklampsie und Bluthochdruck in der Schwangerschaft assoziiert sind. (20) Ein weiterer systematischer Review aus 21 Studien zeigte außerdem, dass Ernährungsmuster mit einem höheren Verzehr von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Fisch mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für Präeklampsie verbunden sind. (21) Diese Ernährungsmuster gleichen ebenso einer entzündungshemmenden Ernährungsweise. 

Zu den Lebensmittegruppen mit entzündungshemmenden Eigenschaften zählen buntes Obst, Gemüse, Pilze, Vollkornprodukte, Nüsse, fette Fische wie Lachs oder Makrele und Samen wie Lein-, Chia- und Hanfsamen sowie Walnüsse, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind. Zu besonders antioxidantien-reichen Obst und Gemüsesorten zählen Beeren, Tomaten, Spinat, Karotten, Paprika, Brokkoli, Grünkohl und Granatapfel. Wie du deinen Omega-3 Bedarf in der Schwangerschaft deckst, findest du hier.  

Eine entzündungshemmende Ernährung enthält außerdem durch die zuvor genannten Lebensmittelgruppen eine gute Menge Ballaststoffe. Diese sind ohnehin ein sehr wertvoller Nährstoff für unsere Gesundheit in vielerlei Hinsicht, sei es für gesunde Blutfette, ein gutes Blutzuckermanagement und unsere Darmgesundheit. Eine Fall-Kontroll Studie zeigte eine Risikoreduktion von 51% Präeklampsie zu bekommen bei Frauen, die mehr als 24,3g Ballaststoffe pro Tag essen im Vergleich zu jenen, die weniger als 13,1g Ballaststoffe pro Tag essen. (22) Eine weitere Studie zeigt einen ähnlichen Zusammenhang. Frauen, die gleich oder mehr als 21,2 g Ballaststoffe pro essen, hatten im Vergleich zu denen, deren Ballaststoffaufnahme geringer als 11,9 g/Tag beträgt, ein um 67 % reduziertes Risiko für Präeklampsie. (23) Ausreichend Ballaststoffe bekommst du über pflanzliche Lebensmittel, wie Nüsse, Samen, Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Pseudogetreide, wie Vollkornbrot, Haferflocken und Quinoa. 

Neuere Studien vermuten auch einen Zusammenhang zwischen dem Darmmikrobiom und dem Auftreten von Präeklampsie. (24) Unter deinem Darmmikrobiom versteht man alle Darmbakterien, die in deinem Darm wohnen. Ballaststoffe sind vereinfacht gesagt Futter für unsere Darmbakterien. Neben Ballaststoffen sind ebenso probiotische Lebensmittel für unser Darmmikrobiom wertvoll. Dazu zählen fermentierte Milch(ersatz)produkte, wie Joghurt oder Kefir und auch fermentiertes Gemüse, wie Sauerkraut oder Kimchi. Eine norwegische Kohortenstudie zeigte, dass der Konsum von 140ml probiotischem Milchprodukt, wie z.B. Joghurt mit einem geringeren Auftreten von Präeklampsie, besonders mit schwereren Formen assoziiert ist. (25) Eine weitere norwegische Beobachtungsstudie gibt Hinweise, dass der Konsum vor allem am Ende der Schwangerschaft zu empfehlen ist. (26) Um allerdings auf eine Kausalität und nicht nur einen Zusammenhang schließen zu können, benötigt man immer randomisierte Kontrollstudien. Zum Thema Ballaststoffe und probiotische Lebensmittel oder Probiotika gibt es hier sehr viel Forschungsbedarf, um eindeutig zu sagen, dass Ballaststoffe und probiotische Lebensmittel helfen, das Präeklampsie Risiko zu reduzieren. Eine kürzlich veröffentlichte randomisierte Kontrollstudie untersuchte den Einfluss der täglichen Einnahme eines Synbiotika bei bereits bestehender milder Präeklampsie. Ein Synbiotika ist eine Kombination aus Ballaststoffen und Probiotika, also Bakterienstämmen. Bei der Synbiotika-Einnahme zeigte sich eine signifikante Reduktion des systolischen und diastolischen Blutdrucks, des Auftretens einer schweren Präeklampsie sowie der Proteinurie (Ausscheidung von Proteinen durch den Urin) . (27) Auch wenn dies nur vereinzelte Studien sind, geben sie einen Hinweis, dass eine Ernährung, die auch deine Darmgesundheit unterstützt, ebenso hilfreich sein kann.  

Was soll ich nun also essen, um mein Präeklampsie Risiko zu minimieren?
  • Esse 2 Portionen Milch- und Milchprodukte oder mit Calcium angereicherte Pflanzendrinks pro Tag, um ausreichend mit Calcium versorgt zu sein. Baue im Zuge dessen auch gleich ein fermentiertes Milchprodukt, wie Kefir, Buttermilch oder Joghurt ein, vor allem gegen Ende der Schwangerschaft. Bespreche in ärztlicher Absprache gemeinsam mit einer Diätologin, ob ein Supplementierung von Calcium für dich sinnvoll ist. 
  • Um im Winter (in Österreich Oktober- März) einen Vitamin D Mangel zu vermeiden, ist es in vielen Fällen notwendig in ärztlicher Absprache Vitamin D zu supplementieren. Lasse dafür bestenfalls deinen Vitamin D Status checken.
  • Esse ausreichend Ballasstoffe (ca. 30g/Tag), indem du jeden Tag Obst, Gemüse, Nüsse, Samen und Vollkornprodukte einbaust. Greife auch auf Hülsenfrüchte, wie Edamame, Linsen oder Kichererbsen als Proteinquellen bei manchen Mahlzeiten zurück.
  • Achte auf deine Vitamin B12 und Selen Versorgung am besten schon vor der Schwangerschaft, wenn du weißt du möchtest schwanger werden. Das ist besonders wichtig, wenn du wenig und selten tierische Produkte konsumierst.
  • Wenn du Schwangerschaftsdiabetes hast, lohnt es sich, auf ein gutes Blutzuckermanagement am besten mit Unterstützung einer Diätologin zu achten.
  • Baue regelmäßig entzündungshemmende Lebensmittel, wie buntes Obst, Gemüse, Pilze, Vollkornprodukte, Nüsse, fette Fische, Lein-, Chia- und Hanfsamen sowie Walnüsse in deine Mahlzeiten ein. Zu besonders antioxidantienreichen Obst und Gemüsesorten zählen Beeren, Tomaten, Spinat, Karotten, Paprika, Brokkoli, Grünkohl und Granatapfel.
Quellen

1: Dulay, A. T. 2022. Präeklampsie und Eklampsie.
2: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. 2013. Referenzwerte Calcium
3: https://doi.org/10.1002/14651858.CD001059.pub5.
4: https://doi.org/10.1136/bmjnph-2021-000399
5: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. 2024. Calcium.
6: https://doi.org/10.3109/14767058.2013.765849 
7: https://doi.org/10.1002/14651858.CD008873.pub4 
8: https://doi.org/10.1186/s12916-020-01676-w
9: https://doi.org/10.1136/bmjopen-2020-043505
10: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. 2020. Speisesalz.
11: https://doi.org/10.1093/nutrit/nuaa096.
12: https://doi.org/10.1007/s00404-018-4823-4.
13: https://doi.org/10.1007/s12011-022-03316-1 
14: https://doi.org/10.1017/S0007114514000531.
15: https://doi.org/10.1017/S000711451400364X.
16: https://doi.org/doi:10.1002/14651858.CD005548.
17: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37213454/
18: https://doi.org/10.1007/s11892-015-0579-4
19: https://doi.org/10.1210/jc.2016-2581
20: https://doi.org/10.1017/S0007114523001678
21: https://doi.org/10.1017/S1368980018002616
22: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15971482
23: https://doi.org/10.1038/ajh.2008.209
24: https://doi.org/10.3389/fcimb.2023.1256940
25: https://doi.org/10.1093/aje/kwr168
26: https://doi.org/10.1136/bmjopen-2017-018021
27: https://doi.org/10.1186/s12905-024-02922-6.

Der Blog wurde mit Unterstützung meiner Praktikantin Bernadette Oberhofer geschrieben.

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